Freitag, 28. September 2012

Brandon Sanderson - The Way of Kings


Brandon Sanderson - The Way of Kings (The Stormlight Archive I)

Der Weg der Könige/Der Pfad der Winde (Die Sturmlicht-Chroniken)

Im Leben werden uns immer wieder schwierige Entscheidungen abverlangt. Bei manchen ist die richtige Wahl eindeutig, bei einigen nicht und vielen Fällen gibt es keinen "richtigen" Weg. Häufig können wir erst im Nachhinein beurteilen, was davon zutrifft.
The Way of Kings ist die Geschichte eines Mannes der die falsche Entscheidung traf.

Brandon Sanderson, Autor der Mistborn-Trilogie, Elantris und Warbreaker, bringt derzeit das Rad der Zeit als Nachfolger von Robert Jordan zuende. Als menschliche Schreibmaschine schreibt er parallel noch an der Mistborn-Reihe weiter, arbeitet an der Jugendserie Alcatraz und veröffentlicht, schon beinahe versehentlich, mit The Way of Kings den ersten Band eines bereits jetzt auf zehn Bände ausgelegten neuen Fantasyepos.
"Somebody has to start. Somebody has to step forward and do what is right, because it is right.
If nobody starts, then others cannot follow."
Die letzte Desolation ("Wüstwerdung") ist lange vorbei, die Heralde haben die Menschheit sich selbst überlassen. Die Feinde waren besiegt, Frieden endlich erreicht. Die Welt wurde wieder aufgebaut, aus Soldaten wurden Bauern, aus Kriegsherrn Philosophen. Die Äonen vergehen, Konflike wechseln sich mit ruhigeren Zeiten ab, neue Reiche entstehen und alte Kulturen vergehen. Sprachen werden vergessen und die Geschichte verschwindet langsam aus Aufzeichnungen und Überlieferungen. Ein lange vergessener, furchtbarer Verrat steht am Anfang aller Ereignisse und übt auch heute noch Einfluss auf die Welt aus.
Heute ist Roshar, die Welt in der die Reihe spielt, in viele Länder und Nationen geteilt. Furchtbare Stürme, Highstorms genannt, die vom Ozean der Ursprünge im Osten ausgehend über das Land ziehen, sind Plage und Segen zugleich; sie verwüsten ganze Landstriche und erzeugen den Namensgeber der Saga: Sturmlicht.

Die Arbeiten an den Stormlight Archives begannen vor beinahe zwanzig Jahren, zwischendurch war der erste Band sogar schon fertiggestellt und wurde dann doch wieder komplett verworfen und neu geschrieben. Mit Überarbeitungen von Büchern hat Sanderson bereits Erfahrung: Warbreaker hat er während der Arbeit daran online frei zur Verfügung gestellt und dabei "live" überarbeitet und kommentiert; aktuell ist es in der Version 6.1 verfügbar.
In The Way of Kings zeigt Sanderson, was er während seiner Arbeit am Rad der Zeit gelernt hat und wie er seine eigenen Fähigkeiten als Schriftsteller ausbauen konnte. Vorbei sind die Zeiten, in denen sich einfach Ereignis an Ereignis reiht, mit Figuren als bloße Träger ihrer jeweiligen Kräfte. Vorbei die Zeiten, in denen die Mechanik der Magie - so gut durchdacht sie auch sein mag - die Handlung voran treibt (Sanderson war auch bekannt als der "magic system guy") und Mythologie statt Weltenbau betrieben wurde. Sanderson versucht hier sein Meisterstück abzuliefern und sich endgültig einen Namen unter den Autoren zu schaffen. Er revolutioniert dabei das Genre nicht, dafür fehlt einfach etwas Neues, liefert aber ein exzellentes und umfassendes Kunstwerk. Keine überlangen Szenen, kaum Exposition, wenig Flauten und Reduzierung der Erzählperspektive auf nur eine handvoll Figuren. Viele Personen - insbesondere die "Helden" - wirken noch ein wenig flach, Sanderson zeigt aber auch, dass er komplexe und glaubwürdige Menschen schreiben kann und zum Ende deuten sich einige der weiteren Veränderungen auch an. Hier werden die nächsten Bände zeigen, ob wirklich mehr dahinter steckt.
Die Sturmlicht-Chroniken führen wie die meisten Secondary Worlds eigene Begriffe und Redewendungen ein, die hier, dankenswerterweise, ganz natürlich benutzt werden und so im Laufe der Bücher ihre Bedeutung mehr und mehr offenbaren (ganz ehrlich: wie oft habt ihr zu einer Freundin schon gesagt: "Setz dich doch auf den Stuhl, du weiß schon, diesen Gegenstand, der aus Holz gemacht ist und in unserer Geselschaft als Sitzgelegenheit dient und den du, als meine Freundin, also eine nichtverwandte mir nahestende Person, immer gemocht hast. Etwa halb so hoch wie ein stehender Mensch. Fungiert auch als Brennholz."). Nein, hier wird die Mythologie erfahren und stückchenweise eingebracht, statt als Infodump zu irritieren. Guter Autor, er hat sich seine Kekse wirklich verdient.
"What is it we value?" he whispered. "Innovation. Originality. Novelty. But most importantly... timeliness.
I fear you may be too late, my confused, unfortunate friend."
Könige werden ermordet, Kriege entfacht, Allianzen sabotiert und Grenzen eingerissen. Im Dunkel agierende Verschwörer und Hintermänner bringen die Gefüge der Welt durcheinander, auch wenn viele Menschen davon nichts mitbekommen. Der größte Krieg seit langem hat begonnen, und was nach einem kurzen und nicht ernstgenommenem Konflikt aussah, bringt die derzeitige Hierarchie an ihre Grenzen und weitet sich immer mehr und mehr aus. Vorin, die größte Religion, die beinahe den ganzen Osten Roshars dominiert, hat schon vor langer Zeit Menschen mit hellen Augen zu den göttlich vorherbestimmten Herrschern ausgerufen und stiftet so immer noch Zwietracht in einer Zeit, in der die Menschheit nur vereint noch eine Chance zum Überdauern hat. Gut und Böse zu unterscheiden ist nicht immer einfach, da hier wie dort grausame Mittel mit einem hehren Zweck gerechtfertigt werden.
"I have seen the end, and have heard it named. The Night of Sorrows, the True Desolation. The Everstorm."
Zehn Herzschläge: So lange dauert es, ein Shardblade zu beschwören. Zehn Herzschläge, um die mächtigste Waffe der Welt zu herbeizurufen. Überbleibsel aus einer anderen Zeit, als derartiges noch alltäglich war. Eine furchtbare Waffe, die jede Rüstung überwindet und die Seele ihrer Opfer zerstören kann.
Nur wenige dieser antiken Artefakte sind noch vorhanden und heiß umkämpft. Wertvoller als ganze Länder verheißen sie ihrem Besitzer Ruhm und Macht. Der Versuch, ihre Eigenschaften zu reproduzieren, führte zu einer schwachen Imitation, den Fabrials, die das Stormlight ("Sturmlicht") als Energiequelle nutzen.
Doch die Zeit der mächtigen Magie, die sich aus der Beherrschung der Essenzen ergibt, ist lange vorbei. Wenig ist über ihren Ursprung oder den Grund ihres Verschwindens bekannt. Einige wenige Menschen forschen an der Wiederentdeckung der alten Kräfte, aber nur im Geheimen: mächtige Gruppierungen, Kirchen und Attentäter wollen das um jeden Preis verhindern. Mit dem langsamen Wiederentdecken der alten Kräfte kommt auch das Wissen darüber wieder, was damals wirklich geschah und wer der wahre Feind der Menschheit ist.
Nur eine Sache wir den Menschen in der drohenden Finsternis wieder Hoffnung geben können, die Wahrheit hinter dem letzten Wunsch eines Verstorbenen: „You must find the most important words a man can say.”
"Life before death, strength before weakness, journey before destination."
— The First Ideal of the Knights Radiant
Zur Übersetzung kann ich nicht viel sagen. Ich habe ein wenig durchgeblättert und quergelesen, aber nicht ausführlich durchgearbeitet. Die Bücher haben aber die gleichen Probleme wie alle anderen Übersetzungen, insbesondere in der SF/F. Die englischen Namensgebung lässt sich nicht ins deutsche übertragen (da sind die Übersetzer auch nicht zu beneiden). Die Prosa, ein mittlerweile wichtiger Bestandteil der Fantasyliteratur, wird naturgemäß verfälscht und wirkt stellenweise ins alberne gezogen. Der Wortwitz geht an vielen Stellen verloren, insbesondere unzählige An- und bewusste Doppeldeutungen kommen nicht immer rüber. Den "Wit" mit "Schelm" zu übersetzen ist zwar möglich, geht aber am eigentlichen Charakter genau vorbei. Der arme Hoid (ein Insider!) hat besseres verdient.
"I will protect those who cannot protect themselves."
— The Second Ideal of the Knights Radiant
10 Heralde des Allmächtigen. 10 Orden der Knights Radiants. 10 Essenzen. 10 Königreiche. 10 Fürstentümer. 10 Herzschläge.
Die Dreiteilung der Welt: die physische (Roshar), die intellektuelle (Shadesmar) und die spirituelle (Teil des Jenseits und Ursprung der Shardblades).
Viel Symbolik zieht sich durch das Buch und nichts davon ist Zufall. Erste Geheimnisse werden offenbart, aber die Reihe ist offensichtlich darauf ausgelegt, erst im Lauf der Zeit alles zu erklären. Insbesondere hier hat Sanderson viel von der durchdachten und geplanten Welt Jordans gelernt.

Der König ist tot. Lang lebe der König (und sein Onkel).

2 Kommentare:

  1. Hunting At Goodwill18. Oktober 2012 um 19:28

    Herr Pythoniast,

    vielen Dank für die interessante Buchvorstellung und den Verzicht auf "geschichtsverlaufoffenbarende Enthüllungen" (auf Denglish auch "Spoiler" genannt). Ja, die Übersetzer haben es oft wahrlich nicht leicht.

    Das bezieht sich nicht nur auf Bücher, Serien und anderes sprachlastige Material, sondern auch auf "Weichware".

    Ich hätte dennoch eine bereichnahe (Übersetzungen im weitesten Sinne), jedoch themafremde Frage; wie sieht es eigentlich mit NLTK und Python 3k aus? :)

    Hochachtungsvoll,
    HaG

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    1. Hallo HaG,
      danke für den freundlichen Kommentar. Ich versuche hier, nach und nach möglichst spoilerfrei interessante Werke und Welten vorzustellen.

      Die offizielle Python 3.x-Unterstüzung des NLTKs wird sich noch ein paar Monate hinziehen. Ich hatte meine Portierung soweit abgeschlossen (alle Funktionen des offziellen Python-Buches und die von mir genutzten funktionierten unter Python 3). Das war aber mehr ein Projekt um mich in die Implementierung einzuarbeiten. Der Code ist leider sehr unübersichtlich und unstrukturiert und verfügt kaum über eine (aktuelle) Dokumentation oder Tests. Ich habe mich ein wenig in die offizielle Weiterentwicklung eingemischt und der Umstieg ist zur Zeit schwer in Arbeit. Die derzeitige 2.0.3-Version ist die letzte, die Python 2.5 unterstützt, die nächsten sollen dann nach und nach alle Python-Versionen von 2.6 bis 3.3(+) unterstützen. Das Aufräumen wird hauptsächlich von den Kernentwicklern durchgeführt (die die Struktur kennen), daher die lange Dauer, Freiwillige die sich einarbeiten möchten sind aber immer herzlich willkommen.

      Viele Grüße

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