Freitag, 28. September 2012

Brandon Sanderson - The Way of Kings


Brandon Sanderson - The Way of Kings (The Stormlight Archive I)

Der Weg der Könige/Der Pfad der Winde (Die Sturmlicht-Chroniken)

Im Leben werden uns immer wieder schwierige Entscheidungen abverlangt. Bei manchen ist die richtige Wahl eindeutig, bei einigen nicht und vielen Fällen gibt es keinen "richtigen" Weg. Häufig können wir erst im Nachhinein beurteilen, was davon zutrifft.
The Way of Kings ist die Geschichte eines Mannes der die falsche Entscheidung traf.

Brandon Sanderson, Autor der Mistborn-Trilogie, Elantris und Warbreaker, bringt derzeit das Rad der Zeit als Nachfolger von Robert Jordan zuende. Als menschliche Schreibmaschine schreibt er parallel noch an der Mistborn-Reihe weiter, arbeitet an der Jugendserie Alcatraz und veröffentlicht, schon beinahe versehentlich, mit The Way of Kings den ersten Band eines bereits jetzt auf zehn Bände ausgelegten neuen Fantasyepos.
"Somebody has to start. Somebody has to step forward and do what is right, because it is right.
If nobody starts, then others cannot follow."
Die letzte Desolation ("Wüstwerdung") ist lange vorbei, die Heralde haben die Menschheit sich selbst überlassen. Die Feinde waren besiegt, Frieden endlich erreicht. Die Welt wurde wieder aufgebaut, aus Soldaten wurden Bauern, aus Kriegsherrn Philosophen. Die Äonen vergehen, Konflike wechseln sich mit ruhigeren Zeiten ab, neue Reiche entstehen und alte Kulturen vergehen. Sprachen werden vergessen und die Geschichte verschwindet langsam aus Aufzeichnungen und Überlieferungen. Ein lange vergessener, furchtbarer Verrat steht am Anfang aller Ereignisse und übt auch heute noch Einfluss auf die Welt aus.
Heute ist Roshar, die Welt in der die Reihe spielt, in viele Länder und Nationen geteilt. Furchtbare Stürme, Highstorms genannt, die vom Ozean der Ursprünge im Osten ausgehend über das Land ziehen, sind Plage und Segen zugleich; sie verwüsten ganze Landstriche und erzeugen den Namensgeber der Saga: Sturmlicht.

Die Arbeiten an den Stormlight Archives begannen vor beinahe zwanzig Jahren, zwischendurch war der erste Band sogar schon fertiggestellt und wurde dann doch wieder komplett verworfen und neu geschrieben. Mit Überarbeitungen von Büchern hat Sanderson bereits Erfahrung: Warbreaker hat er während der Arbeit daran online frei zur Verfügung gestellt und dabei "live" überarbeitet und kommentiert; aktuell ist es in der Version 6.1 verfügbar.
In The Way of Kings zeigt Sanderson, was er während seiner Arbeit am Rad der Zeit gelernt hat und wie er seine eigenen Fähigkeiten als Schriftsteller ausbauen konnte. Vorbei sind die Zeiten, in denen sich einfach Ereignis an Ereignis reiht, mit Figuren als bloße Träger ihrer jeweiligen Kräfte. Vorbei die Zeiten, in denen die Mechanik der Magie - so gut durchdacht sie auch sein mag - die Handlung voran treibt (Sanderson war auch bekannt als der "magic system guy") und Mythologie statt Weltenbau betrieben wurde. Sanderson versucht hier sein Meisterstück abzuliefern und sich endgültig einen Namen unter den Autoren zu schaffen. Er revolutioniert dabei das Genre nicht, dafür fehlt einfach etwas Neues, liefert aber ein exzellentes und umfassendes Kunstwerk. Keine überlangen Szenen, kaum Exposition, wenig Flauten und Reduzierung der Erzählperspektive auf nur eine handvoll Figuren. Viele Personen - insbesondere die "Helden" - wirken noch ein wenig flach, Sanderson zeigt aber auch, dass er komplexe und glaubwürdige Menschen schreiben kann und zum Ende deuten sich einige der weiteren Veränderungen auch an. Hier werden die nächsten Bände zeigen, ob wirklich mehr dahinter steckt.
Die Sturmlicht-Chroniken führen wie die meisten Secondary Worlds eigene Begriffe und Redewendungen ein, die hier, dankenswerterweise, ganz natürlich benutzt werden und so im Laufe der Bücher ihre Bedeutung mehr und mehr offenbaren (ganz ehrlich: wie oft habt ihr zu einer Freundin schon gesagt: "Setz dich doch auf den Stuhl, du weiß schon, diesen Gegenstand, der aus Holz gemacht ist und in unserer Geselschaft als Sitzgelegenheit dient und den du, als meine Freundin, also eine nichtverwandte mir nahestende Person, immer gemocht hast. Etwa halb so hoch wie ein stehender Mensch. Fungiert auch als Brennholz."). Nein, hier wird die Mythologie erfahren und stückchenweise eingebracht, statt als Infodump zu irritieren. Guter Autor, er hat sich seine Kekse wirklich verdient.
"What is it we value?" he whispered. "Innovation. Originality. Novelty. But most importantly... timeliness.
I fear you may be too late, my confused, unfortunate friend."
Könige werden ermordet, Kriege entfacht, Allianzen sabotiert und Grenzen eingerissen. Im Dunkel agierende Verschwörer und Hintermänner bringen die Gefüge der Welt durcheinander, auch wenn viele Menschen davon nichts mitbekommen. Der größte Krieg seit langem hat begonnen, und was nach einem kurzen und nicht ernstgenommenem Konflikt aussah, bringt die derzeitige Hierarchie an ihre Grenzen und weitet sich immer mehr und mehr aus. Vorin, die größte Religion, die beinahe den ganzen Osten Roshars dominiert, hat schon vor langer Zeit Menschen mit hellen Augen zu den göttlich vorherbestimmten Herrschern ausgerufen und stiftet so immer noch Zwietracht in einer Zeit, in der die Menschheit nur vereint noch eine Chance zum Überdauern hat. Gut und Böse zu unterscheiden ist nicht immer einfach, da hier wie dort grausame Mittel mit einem hehren Zweck gerechtfertigt werden.
"I have seen the end, and have heard it named. The Night of Sorrows, the True Desolation. The Everstorm."
Zehn Herzschläge: So lange dauert es, ein Shardblade zu beschwören. Zehn Herzschläge, um die mächtigste Waffe der Welt zu herbeizurufen. Überbleibsel aus einer anderen Zeit, als derartiges noch alltäglich war. Eine furchtbare Waffe, die jede Rüstung überwindet und die Seele ihrer Opfer zerstören kann.
Nur wenige dieser antiken Artefakte sind noch vorhanden und heiß umkämpft. Wertvoller als ganze Länder verheißen sie ihrem Besitzer Ruhm und Macht. Der Versuch, ihre Eigenschaften zu reproduzieren, führte zu einer schwachen Imitation, den Fabrials, die das Stormlight ("Sturmlicht") als Energiequelle nutzen.
Doch die Zeit der mächtigen Magie, die sich aus der Beherrschung der Essenzen ergibt, ist lange vorbei. Wenig ist über ihren Ursprung oder den Grund ihres Verschwindens bekannt. Einige wenige Menschen forschen an der Wiederentdeckung der alten Kräfte, aber nur im Geheimen: mächtige Gruppierungen, Kirchen und Attentäter wollen das um jeden Preis verhindern. Mit dem langsamen Wiederentdecken der alten Kräfte kommt auch das Wissen darüber wieder, was damals wirklich geschah und wer der wahre Feind der Menschheit ist.
Nur eine Sache wir den Menschen in der drohenden Finsternis wieder Hoffnung geben können, die Wahrheit hinter dem letzten Wunsch eines Verstorbenen: „You must find the most important words a man can say.”
"Life before death, strength before weakness, journey before destination."
— The First Ideal of the Knights Radiant
Zur Übersetzung kann ich nicht viel sagen. Ich habe ein wenig durchgeblättert und quergelesen, aber nicht ausführlich durchgearbeitet. Die Bücher haben aber die gleichen Probleme wie alle anderen Übersetzungen, insbesondere in der SF/F. Die englischen Namensgebung lässt sich nicht ins deutsche übertragen (da sind die Übersetzer auch nicht zu beneiden). Die Prosa, ein mittlerweile wichtiger Bestandteil der Fantasyliteratur, wird naturgemäß verfälscht und wirkt stellenweise ins alberne gezogen. Der Wortwitz geht an vielen Stellen verloren, insbesondere unzählige An- und bewusste Doppeldeutungen kommen nicht immer rüber. Den "Wit" mit "Schelm" zu übersetzen ist zwar möglich, geht aber am eigentlichen Charakter genau vorbei. Der arme Hoid (ein Insider!) hat besseres verdient.
"I will protect those who cannot protect themselves."
— The Second Ideal of the Knights Radiant
10 Heralde des Allmächtigen. 10 Orden der Knights Radiants. 10 Essenzen. 10 Königreiche. 10 Fürstentümer. 10 Herzschläge.
Die Dreiteilung der Welt: die physische (Roshar), die intellektuelle (Shadesmar) und die spirituelle (Teil des Jenseits und Ursprung der Shardblades).
Viel Symbolik zieht sich durch das Buch und nichts davon ist Zufall. Erste Geheimnisse werden offenbart, aber die Reihe ist offensichtlich darauf ausgelegt, erst im Lauf der Zeit alles zu erklären. Insbesondere hier hat Sanderson viel von der durchdachten und geplanten Welt Jordans gelernt.

Der König ist tot. Lang lebe der König (und sein Onkel).

Robert Jordan - The Wheel of Time

Robert Jordan - The Wheel of Time

Das Rad der Zeit
Update 2014: Aktualisiert für das Ende der Reihe
We can't go back. The Wheel has turned, for better or worse. And it will keep turning, as lights die and forests dim, storms call and skies break. Turn it will. The Wheel is not hope, and the Wheel does not care, the Wheel simply is. But so long as it turns, folk may hope, folk may care. For with light that fades, another will eventually grow, and each storm that rages must eventually die. As long as the Wheel turns. As long is it turns....
Lews Therin Telamon, genannt der Drache, ein vor Jahrtausenden lebender Mann von dem nur noch Mythen überliefert sind, zerstörte einst den Großteil der Welt. Auch heute noch, in einem neuen Zeitalter der Menschheit, in dem die Errungenschaften von damals nur noch Legenden sind und der stete Kampf ums Überleben den Tagesablauf beherrscht, sorgt allein der Name "Drache" für Angst und Schrecken. In seinem Namen wurden Kriege geführt und Imperien errichtet, Länder erobert und Völker vernichtet. 
Die Welt dreht sich weiter und alles, was einst war, kehrt in alter und neuer Form wieder. Wenn nicht bei der nächsten, dann bei einer späteren Umdrehung des Rad der Zeit. Jetzt ist es wieder soweit: Der Drache wurde wiedergeboren und erneut neigt sich ein Zeitalter seinem Ende zu - vielleicht zum letzten Mal.

James Oliver Rigney, Jr., veröffentlichte unter dem Pseudonym Robert Jordan 1990 "The Eye of the World" (Die Suche nach dem Auge der Welt), den ersten Band des Rad der Zeit. Ursprünglich als eigenständiges Buch gedacht, nach dem großen Erfolg zu einer Trilogie ausgeweitet und später als zehnbändige Serie geplant, wird sie Anfang 2013 mit dem 14. Band ein Ende finden (die deutsche Ausgabe ist im Heyne-Verlag auf 37-38 Bände aufgeteilt; die neue Ausgabe "Das Original" im Piper-Verlag entspricht den originalen 14). Ergänzt wird das Rad der Zeit durch die Vorgeschichte "New Spring" und den illustrierten Begleitband "The World of Robert Jordan's The Wheel of Time".
Nach dem Tode Jordans 2007, nachdem er noch seine Notizen, Entwürfe und Ideen fertigstellen und einige Kapitel beenden konnte, übernahm Brandon Sanderson ("Mistborn", "The Stormlight Archive") die Serie und brachte zusammen mit Roberts Witwe Harriet, der guten Seele und Lektorin der Bände, die Geschichte zu ihrem würdigen Abschluss.

Insbesondere der Beginn der Reihe wirkt heute sehr traditionell und schon oft gesehen: Ein junger Mann als Protagonist, ein Auserwählter, eine Gruppe von Gefährten auf einer Reise und vorherbestimmende Prophezeiungen. Dabei sollte zwar nicht vergessen werden, dass es auch diese Reihe war, die diese Klischees zu dem gemacht hat was sie heute sind, seine wahren Stärken zeigt das Rad der Zeit aber besonders ab dem vierten Band, wenn viel betretene Pfade verlassen werden und die Geschichte an Komplexität enorm zunimmt.
Konzepte, die im ersten Band angesprochen werden, finden sich in den späteren Bänden ausgearbeitet und in die Welt wunderbar integriert wieder, scheinbar unwichtige Nebendetails werden tausende Seiten später wieder aufgegriffen und schaffen eine glaubwürdige und ungeheuer lebendige Welt, ohne dass es für das Verständnis der Geschichte essentiell ist diese Details auch zu bemerken - es liest sich viel mehr wie ein Präsent für aufmerksame und auch wiederholte Leser, bei denen sich ein Aha-Effekt einstellt und die in die tieferen Zusammenhänge dieser Welt eintauchen können.

Die besondere Stärke der Reihe ist die durchdachte und glaubwürdige Welt. Während beinahe sämtliche in den letzten Jahren populär gewordene Fantasybücher und -serien auf das phantastische Element der Geschichte setzen ohne dabei auf Konsistenz oder Glaubwürdigkeit zu achten, ist die hier erschaffene Welt eine äußerst realistische, mit einer eigenen komplexen Geschichte.
Zentrale Elemente sind die zyklische Natur der Welt und die Vergänglichkeit. Ein jeden Band einleitender Text in der Form
The Wheel of Time turns, and Ages come and pass, leaving memories that become legend. Legend fades to myth, and even myth is long forgotten when the Age that gave it birth comes again.In one Age, called the Third Age by some, an Age yet to come, an Age long past, a wind rose in the Mountains of Mist. The wind was not the beginning. There are neither beginnings nor endings to the turning of the Wheel of Time. But it was a beginning.
(Das Rad der Zeit dreht sich, Zeitalter kommen und gehen und hinterlassen Erinnerungen, die zu Legenden werden. Legenden verblassen zu Mythen und selbst die sind längst vergessen, wenn das Zeitalter wiederkehrt, das an ihrem Ursprung stand. In einem dieser Zeitalter, manche nennen es das Dritte Zeitalter, das einst kommen wird, das schon lange vergangen ist, erhob sich ein Wind in den Verschleierten Bergen. Der Wind war nicht der Anfang. Es gibt keinen Anfang und kein Ende der Drehungen des Rad der Zeit. Aber es war ein Anfang.)
fängt die Stimmung sehr schön ein. Uralte Geschichten, vergangene Mythen und die Erzählkunst der umherfahrenden Gaukler und Barden erzählen aus der Vergangenheit und geben gleichzeitig einen Ausblick auf die Zukunft und die zu erwartenden Geschehnisse.

In einer Welt, die dem Stand des (Fantasy-)Mittelalters entspricht, in dem Kriege seit dreitausend Jahren alltäglich sind und die meisten Menschen nur in Ruhe leben möchten - welchen Geschichten und Erinnerungen, welchen Gerüchten und Mythen, welchen Erzähungen und Prophezeihungen kann hier wirklich getraut werden und welche Informationen haben sich im Verlauf der Zeit verändert, welche wurden bewusst manipuliert. Was steckt wirklich hinter dem überlieferten Kampf zwischen Mosk dem Giganten und Elsbeth der Königen der Welt mit ihren Lanzen aus Feuer?
Till shade is gone, till water is gone, into the Shadow with teeth bared, screaming defiance with the last breath, to spit into Sightblinder's eye on the Last Day.
Das originelle Magiesystem das hier benutzt wird ist sehr durchdacht und wirkt zu keinem Zeitpunkt willkürlich, aufgesetzt oder als Deus ex machina missbraucht. Es integriert sich vielmehr auf natürliche Art in die beschrieben Welt. Auch wenn die Leser nicht mit den Regeln und Techniken gelangweilt werden sind sie vorhanden und können bei aufmerksamem lesen bis ins Detail erkannt und verstanden werden.
Eine längst vergessene Traumwelt parallel der Wirklichkeit, kriegerische Wüstenvölker, pazifistische Weltenwanderer und mit Menschen umherziehende Wölfe, über zweitausend benannte Personen, Dutzende sich abwechselnde Erzählperspektiven, unzählige Handlungs- und Nebenhandlungsstränge, komplexe Hierarchien, politische Intrigen, Hintermänner und unzählige Völker und Kulturen runden die Welt ab.
Death is lighter than a feather, duty heavier than a mountain.
Das Rad der Zeit bedient sich frei der verschiedensten Mythologien, Historien und der Literatur. Aus dem Buddhismus entstammt die zyklische, sich wiederholende Welt, aus einer Mischung aus Hinduismus und abrahamischem Monotheismus die Schöpfergottheit und als Gegenstück der Zerstörer; Sinnbilder für Ordnung und Chaos: Licht und Schatten, wie es in der Serie heißt.
Die Eigenschaften der germanischen Götter (ohne deren Kräfte) finden sich gezielt auf die Figuren verteilt wieder, die Artussage ist in eigener Form in die fiktive Geschichte und aktuelle Ereignisse eingefügt. Der erste Band liest sich wie eine Homage an den Herrn der Ringe, in späteren folgt unweigerlich ein Vergleich zu Dune.
Schicksalsergebenheit und Freiheitsdrang sind sich ständig gegenüberstehende Motive; Prophezeihungen, die den Figuren jegliche Entscheidungen und Verantwortung abnehmen, werden zunächst abgelehnt, später ignoriert oder manipuliert und schließlich von einigen so verstanden, wie sie gedacht sind. Wer es sich zu einfach macht und denkt, dass mit dem Vorhandensein von Prophezeiungen die Spannung raus ist, sollte bedenken, dass diese selten das besagen was sie zu besagen scheinen, da Wörter und manchmal ganze Sprachen sich in den Jahrtausenden ändern können. Und dass auch der dunklen Seite in Prophezeiungen der Sieg versprochen wurde.
Darin lässt sich ein weiteres Motiv der Reihe sehr schön sehen: Wissen. Die Bewahrung des Wissens, das Studieren des Bekannten und die Anwendung auf aktuelle Probleme, neues Wissen erwerben und altes wiederzuentdecken. Die dunkle Seite des Wissens, die Korrumpierung und Manipulation des Wissens, Spionage und Misstrauen, Folter und Heuchelei. Viele Personen behalten Wissen für sich, aus Egoismus oder Misstrauen oder um andere Menschen zu manipulieren. Wissen ist auch im Rad der Zeit Macht.
I'm going home to die.
Am Anfang schuf der Schöpfer die Welt und mit ihr das Rad der Zeit. Weggesperrt außerhalb der Schöpfung steht Shai'tan, die Verkörperung des Chaos und Gegenstück des Schöpfers. In seinem Versuch, alles existierende zu vernichten und die Schöpfung wieder umzukehren, nimmt er immer wieder Einfluss auf die Welt und vergiftet den männlichen Teil der Einen Macht, die ihre Träger zu magischen Wundern befähigt, mit seiner eigenen Form der Magie, der Wahren Macht. Jeder Mann, der die Befähigung zur Magie hat, wird in kurzer Zeit wahnsinnig und wendet die Macht wahllos und zerstörerisch gegen alles in seiner Umgebung. Geschützt sind nur seine eigenen Anhänger, die Verlorenen, heute nur noch bekannt als Schreckensgestalten, deren Namen nicht nur Kindern Angst einjagen („Seid artig, sonst holen euch heute Nacht die Verlorenen”).
So ist es kein Wunder, dass mittlerweile die Frauen beinahe überall das Sagen haben und über die Geschicke der Welt bestimmen. Insbesondere die Aes Sedai, die magiebegabten Frauen der Welt, üben einen nicht unbedingt subtilen Einfluss aus und nur der selbst auferlegte und magisch bindende Schwur, die Macht nicht als Waffe oder gegen Menschen zu benutzen, hindert sie daran, die ganze Welt zu beherrschen. Ursprünglich als Bollwerk gegen das Böse gedacht sind sie bereits seit Jahrhunderten der Welt entfremdet und längst nicht mehr so vereint wie sie es sein sollten.
Shai'tan ist bei seinen Versuchen nicht ohne Unterstützung der Menschen selbst. Ein ständig wiederholter Katechismus, seit Jahrtausenden überliefert, lautet 
The Dark One and all the Forsaken are bound in Shayol Ghul, bound by the Creator at the moment of Creation, bound until the end of time. 
(Shai'tan und alle Verlorenen sind gefangen in Shayol Ghul, gefangen durch den Schöpfer im Augenblick der Schöpfung, gefangen bis zum Ende der Zeit.)
Shai'tan, die Verlorenen - die mächtigsten und skrupellosesten Magier - und die im Namen des Schattens (als Gegenstück zum Licht im ewigen Kampf Licht gegen Dunkelheit) agierenden Menschen setzen alles daran, ihre Ziele zu erreichen.
Trotz alldem spielt Religion in der Welt keine Rolle. Der Schöpfer existiert und sein Einfluss kann direkt erfahren werden. Shai'tan nimmt Einfluss auf die Welt und seine Anhänger morden ohne Rücksicht. Ein Bedürfnis für Kirchen oder Rituale scheint nicht zu existieren, religiöser Fanatismus ist auf eine kleine, aber einflussreiche, Gruppe beschränkt.
Before you die, will you once more kill everything you love?
Die größte Schwäche der deutschen Auflage ist die Qualität der Übersetzung. Wechselnde Übersetzer, inkosistente Übersetzung und manchmal fragwürdig (der "Dunkle König" ist weder dunkel noch König, der "Brudermörder" hatte nie Brüder, Feuchtländer?) oder in deutscher Sprache seltsam anmutend ("Behüter" erweckt nicht wirklich das Bild der grimmigsten und mächtigsten Kampftruppe). Und das sind nur einige der allgemeineren Probleme; Schreib-, Grammatik- und Übersetzungsfehler ziehen sich durch die Übersetzungen. Viele Nuancen und Wortbedeutungen fehlen, die Unterscheidung zwischen "Shadow" und "shadow", als Beispiel, ist im Englischen eindeutig und enthält viele Konnotationen, im Deutschen existiert dazu kein Pendant.
Auch die Aufspaltung auf jeweils mehrere deutsche Bände bringt seine Tücken mit sich. Einige Bücher haben dadurch keinen klaren Handlungsstrang, es fehlen die Höhepunkte oder der Zusammenhang wird nicht deutlich. Es fehlt auch das klassische Muster der Originale. Insgesamt seien die Originale jedem mit auch nur mittelmäßigen Englischkenntnissen wärmstens ans Herz gelegt. Mit der Neuauflage "Das Rad der Zeit – Das Original", in der die Bücher nicht mehr aufgeteilt wurde, ist zumindest eins der Probleme behoben.

Einen Tiefpunkt der Straffung erreicht die Reihe mit dem 9. und 10. Band, die sich sehr lange hinziehen und deutlich hätten gekürzt werden können. Mit dem 11. Band konnte der Spannungsbogen aber wieder aufgebaut werden und mit dem Einstieg Sandersons ab dem 12. wird die Dramatik der ersten Bände wieder erreicht. Sanderson ist ein guter Autor mit seiner eigenen Fanbasis, schreibt aber deutlich anders als Jordan. Dazu gehören andere Schwerpunkte (Szenen- statt Charakterorientiert), ein eigener Sinn für Humor (praktisch jede Figur die vorher mit Humor aufwarten konnte wurde aufs grausamste entstellt), bestimmte häufige Formulierungen ("You...what?", "I...what?", usw.), Namensgebung für alles und jeden ("Sealbreaker" usw.), das vollständige Fehlen jeglicher Art von Subtilität und Subtext (jede Handlung wird entweder direkt erklärt oder aufs offensichtlichste kommentiert; Dialoge sind mehr als hölzern) und das erwartete verstärkte einbinden von Religiösität sowohl in den Alltag (was vorher - von sehr wenigen Redensarten abgesehen - nicht vorkam) als auch in die Handlung als solche.
Einige Handlungsstränge der letzten drei Bände hätten komplett weggelassen werden können ohne etwas zu verlieren, da für die Leser keinerlei neue Erkenntnis enthalten sind.
Insgesamt ist Sanderson ein starker Autor und liefert eine mehr als ordentliche Arbeit ab. Fans von Jordans wunderbarer Art Fantasy zu schreiben und eine komplexe Welt aufzubauen werden etwas enttäuscht zurückbleiben, verglichen mit den Alternativen können sich alle Leser aber mehr als glücklich schätzen.
And the Shadow fell upon the Land, and the World was riven stone from stone. 
The oceans fled, and the mountains were swallowed up, and the nations were scattered to the eight corners of the World. The moon was as blood, and the sun was as ashes. 
The seas boiled, and the living envied the dead. 
All was shattered, and all but memory lost, and one memory above all others, of him who brought the Shadow and the Breaking of the World. 
And him they named Dragon.

Anne Bishop - The Landscapes of Ephemera


Anne Bishop - The Landscapes of Ephemera

Die dunklen Welten

Ephemera ist eine zersplitterte Welt. Ein Schritt in die falsche Richtung und übermütige Wanderer finden sich in einem anderen Teil ("Landscape") der Welt wieder. Aber nicht irgendwo: Ephemera schickt Menschen nur an Orte, mit denen sie etwas in in ihrem Herzen verbindet. Jeder Mensch trägt Licht und Dunkelheit in seinem Inneren und vor Ephemera hat das Herz keine Geheimnisse.

Anne Bishop, vor beinahe 15 Jahren bekannt geworden durch ihre düstere Bestseller-Fantasyreihe "The Black Jewels" ("Die schwarzen Juwelen"), hat mit den Ephemera-Bänden eine neue Welt vorgestellt. Nach dem Einstieg vor sechs Jahren mit "Sebastian" und "Belladonna" kehrte sie dieses Jahr mit "Bridge of Dreams" dorthin zurück und auch weitere Geschichten sind in diesem Universum geplant.
Her Darkness is my fate
Vor langer Zet war Ephemera eine komplette, normale Welt. Um der Zerstörung durch den "Weltenfresser" zu entgehen wurde sie damals zersplittert. Die einzelnen Teile Ephemeras waren nicht mehr verbunden und so konnte der Fresser nicht mehr alles verderben und wurde in einem kleinen Teil ausgesperrt.
In einer Landschaft können sich mehrere Länder befinden, es können aber auch mehrere Landschaften in einem Land vorhanden sein. Ephemera reagiert auf Wünsche des Herzens und die tiefsten und geheimsten Gefühle: Orte, an denen sich gütige und hilfsbereite Menschen befinden, werden zu hellen Gegenden der Welt, in denen Gutes geschieht und Glück zu finden ist. Orte, an denen Selbstsucht vorherrscht, werden dunkler und düsterer. Nicht jede Dunkelheit ist dabei Böse und nicht jeder friedliche Mensch fühlt sich im Hellen wohl.
Verbunden werden die Teile der Welt durch Brücken: festen, die immer die gleichen Orte verbinden und veränderbaren, die immer an ein anderes Ziel führen.
Es gibt Bridges ("Brücken"), Männer, die Landschaften verbinden können. Es gibt Landscaper ("Gestalter"), Frauen, die Landschaften verändern und in ihrem Herzen verankern können. Es gibt Wizards ("Zauberer"), Männer, die das bestehende zerstören können. Und es gibt es Glorianna Belladonna.
Luck-bringer. Ill-wisher. Magician.
Sebastian, ein Inkubus, von seinem Vater gehasst und verjagt, lebt im Den of Iniquity, einem dunklen Teil Ephemeras, über den er vor Jahren zufällig in seiner Verzweiflung und Einsamkeit gestolpert war. Hier dreht sich jeder Tag um Ausgelassenheit, Alkohol und Sex. Hier fühlt er sich zuhause, hier lebt er in Einklang mit seinem Herzen, zusammen mit anderen Dämonen, Spielern, Glücksrittern und Menschen auf der Suche nach Abenteuern und Vergnügen. Mit den hellen Teilen Ephemeras ist er über seinen Cousin Lee verbunden - einem Bridge, der durch die Welt reist und Verbindungen aufrechterhält und herstellt - und dessen Schwester Glorianna - einer Gestalterin, die ihre eigenen Landschaften verändert und vereint. Diese drei bilden das Herzstück der Geschichte, begleitet werden sie von Freunden, Verwandten und Fremden, die zu Freunden werden.
The world listens to me

Die Gestalter sind mit den Brücken zu einer Gruppierung zusammengeschlossen, in der sie die hellen Landschaften beschützen und zusammenhalten und dem Einfluss der Dunkelheit entgegentreten. Unterstützt werden sie dabei von den Magiern, den Justice Makern, die Ungeheuer und die Dunkelheit vertreiben und abtrünnige Gestalter jagen. Auch Glorianna gehörte einst zu den anderen Gestaltern, aber sie trägt ein düsteres Geheimnis mit sich. Ein Geheimnis, durch das sie vor Jahren zu einer Abtrünnigen wurde. Vieles in dieser Welt ist nicht so wie es zunächst scheint, nur eines ist sicher: Heart's Hope lies within Belladonna.
The heart has no secrets. Not from me.

Wie praktisch alle Werke von Anne Bishop enthält auch Ephemera ein wenig Romantik, ein wenig Naturverbundenheit, ein wenig Erotik (deutlich weniger als in ihren übrigen Büchern), eine Menge Klischees und unzählige herzergreifende Ereignisse und Erkenntnisse. Sie schafft es auch hier wieder, ihren Lesern Tränen der Freude und des Schmerzes zu entlocken.
Anne Bishop schreibt eine eigene Art von Büchern, die nicht jedem Fantasyfan gefallen werden. Es ist spannend, keine Frage, und die Geschichten berühren. Es ist aber keine High Fantasy und auch kein Epos. Die Hintergründe der Welt werden zwar angedeutet, aber nicht wirklich ausgebaut. Die Handlung bewegt sich in weiten Teilen in vorhersehbaren Bahnen. Die Figuren sind komplex und, wie bei Anne üblich, mit einer tragischen Geschichte belastet. Es gibt keine strahlenden Helden und jeder Augenblick des Glücks kann schnell wieder zerstört werden.
This is Ephemera. Nothing is ever the same as it was.

Bände der Reihe:
  1. Sebastian
  2. Balladonna
  3. The Voice (Kurzgeschichte)
  4. Bridge of Dreams